Nationalparke zählen Huftiere
1.100 Rothirsche, 511 Damhirsche, 409 Rehe und 839 Wildschweine: So viele Tiere zählten Wissenschaftler des Müritz-Nationalparks im Rahmen des ersten bundesweit standardisierten Monitorings der Wildtierpopulationen. Für das Monitoring, an dem außerdem auch die Nationalparke Berchtesgaden, Eifel, Hainich, Harz, Hunsrück-Hochwald, Kellerwald-Edersee, Bayerischer Wald und Schwarzwald sowie das Wildnisgebiet Königsbrücker Heide teilnahmen, waren im Müritz-Nationalpark von 2019 bis 2020 insgesamt 70 Fotofallen - automatische Wildtierkameras - für ein Jahr lang im nördlichen Bereich des Teilgebietes Müritz aufgebaut worden. Für ihre Berechnungen werteten die Wissenschaftler über 195.000 Bilder aus und ermittelten anschließend die Populationsdichten mit statistischen Modellen.
Monitoring als Grundlage für Bestandsmanagement
Das Fotofallenmonitoring ist Teil eines kürzlich abgeschlossenen Forschungs- und Entwicklungsvorhabens, welches durch das Bundesamt für Naturschutz gefördert wurde und ein Monitoring für die Huftierpopulationen und deren Einfluss auf die Umwelt entwickeln sollte. Mit Hilfe des Monitorings soll es in Zukunft möglich sein, schutzgebietsübergreifend Zusammenhänge zwischen den Populationsgrößen und der Wirkung der Huftiere auf ihr Ökosystem zu erkennen. So kann ein sinnvolles Management der Bestände von Rothirsch, Damhirsch, Reh und Wildschwein erfolgen. „Das Monitoring der Huftierpopulationen ist ein entscheidender Teil des Managementprozesses in Schutzgebieten, da es wichtige Daten zur Entwicklung der Wildtierbestände liefert und als Grundlage, Rechtfertigung und Erfolgskontrolle für die Regulierung der Wildtierbestände dient“ sagt Projektleiter Prof. Dr. Marco Heurich, Sachgebietsleiter für Nationalparkmonitoring und Tier-Freigelände sowie Professor für Wildtierökologie und Naturschutzbiologie an der Universität Freiburg.
Zweite Projektphase startet
Nachdem die ersten Daten ausgewertet wurden, planen die Nationalparke bereits eine Fortführung des Monitorings, um Entwicklungen der Wildtierbestände im Vergleich zum Stand der ersten Projektphase nachvollziehen zu können. Dabei sollen auch die Auswirkungen der sich ausbreitenden Wolfpopulationen auf die Huftierpopulationen untersucht werden. „Seit dem 1. Juni sind bundesweit wieder 782 Fotofallen in 11 Nationalparken im Einsatz, um die Bestände von Hirschen, Rehen und Wildschweinen zu erfassen“, erklärt Dr. Christian Fiderer, Projektkoordinator der Universität Freiburg und Mitarbeiter im Wildtiermonitoring des Nationalparks Bayerischer Wald. Begleitet wird das Projekt außerdem durch drei weitere Untersuchungsgebiete in Deutschland, der Schweiz und Rumänien, wobei insgesamt 1.159 Fotofallen zum Einsatz kommen. Im Müritz-Nationalpark liefern seit dem 1. Juni 2023 wieder insgesamt 56 Fotofallen wichtige Daten über die Entwicklung der Huftierpopulationen.
Einsatz künstlicher Intelligenz zur Bewältigung der Datenmenge
„In diesem Umfang ist das Projekt zumindest in Europa bislang einzigartig“, sagt Heurich. Der Umfang des Projektes stellt die Wissenschaftler vor eine große Herausforderung. So werden im kommenden Jahr mehrere Millionen Bilder aus den Nationalparken erwartet, die alle einzeln ausgewertet werden müssen. Um den Überblick zu behalten, wurde eine Datenbank an der Universität Freiburg eingerichtet, auf der die Bilder hochgeladen werden können und auf der anschließend eine automatisierte Auswertung mittels künstlicher Intelligenz stattfindet. „Ohne die KI wäre ein Projekt in diesem Umfang überhaupt nicht realisierbar - wir würden noch in zwei Jahren an der Klassifizierung der Bilddaten sitzen“, so Fiderer.