Die Geschichte des Müritz-Nationalparks
Ende der Eiszeit
Alles, was hier vor der Eiszeit gelebt hatte, war nach Süden abgewandert oder gar ausgestorben. Das Klima wurde vor etwa 12.000 Jahren wieder wärmer, und die Gletscher zogen sich allmählich nach Norden zurück. Der Eiswüste folgte eine magere Tundra mit Moosen, Flechten und ersten Birken und Kiefern. Mammut, Riesenhirsch, Rentier und Auerochse ernährten sich von dieser kargen Vegetation und ihnen folgten gelegentlich nomadisierende Stämme steinzeitlicher Jäger.
Zum Waldland
Je freundlicher über Jahrtausende das Klima wurde, desto mehr wandelte sich die Landschaft in ein Waldland um, in das zunehmend sesshaft werdende Menschen zogen. Wald musste gerodet werden, um Siedlungen, Äckern und Weiden Platz zu geben. Die Menschen brachten neue Pflanzen und Tiere mit, bewusst und unfreiwillig zugleich.
Völkerwanderung
Im 6. und 7. Jahrhundert passierte etwas, das man sich bis heute noch nicht erklären kann: Eine Völkerwanderung setzte ein, bei der germanische Siedler auswanderten und ihnen in das menschenleere Land slawische Stämme nachfolgten. Von der slawischen Besiedlung gibt es viele Zeugnisse in der Müritz-Region, z.B. Wallanlagen einstiger Fluchtburgen.
Städte entstehen
Im 12. Jahrhundert begann wiederum eine deutsche Besiedlung des heutigen Mecklenburgs, die in der Landnutzung deutlich wurde: Während die slawischen Bewohner eher von Jagd, Fischfang und gelegentlichem Ackerbau lebten, betrieben die deutschen Siedler intensiven Landausbau. Das Land wurde in Besitztümer aufgeteilt, es entstanden neue Dörfer und erste Städte. Christliche Orden gründeten Klöster und bauten Kirchen. Neue Technologien, wie z.B. der Mühlenbau an Gewässern, zogen in das Land.
Holz wird knapp
All dies brauchte Flächen und viel Holz zum Bauen und Heizen. Die Wälder wurden immer weiter zerstört, bis es zwangsläufig zu ersten Baustoff- und Energiekrisen kam. Besonders schnell ging dies auf den Sanderflächen. Die feinkörnigen Sande sind sehr arm an Nährstoffen und der Humus war schnell verbraucht. Die Siedler zogen bald weiter und überließen das Land dem wiederkehrenden Wald. Bis ihn wieder jemand rodete.
Gutsdörfer
Im 18. Jahrhundert entstanden Rittergüter, die die Landwirtschaft intensivierten. Die Dörfer der Region haben deshalb oft schöne Gutshäuser, begleitet von den Häusern der Landarbeiter. Aber armer Boden bleibt armer Boden, so dass im heutigen Nationalparkgebiet die Landwirtschaft nie zu Reichtum führen konnte.
Heiden
Zur dramatischen Waldzerstörung kam es dann im 19. Jahrhundert, als Glashütten und Köhlereien mit extrem hohem Holzbedarf entstanden. Zurück blieben Heiden, die heute als Idylle alte Geschichten und Bilder begleiten. Dies ist trügerisch, denn die Wahrheit ist eine Übernutzung der Landschaft und bittere Armut der Menschen.
Industrielle Revolution
Zum großen Wandel führte die Industrielle Revolution, als die Kohle das Holz als Energieträger ablöste und die Produktivität von Landwirtschaft und Gewerbe stark stieg. Aus der Waldvernichtung wurde eine auf Nachhaltigkeit bedachte Forstwirtschaft. Dabei wurden die Sanderlandschaften als ansonsten unnütz systematisch aufgeforstet – aus dem ehemaligen Waldland wurde nach Jahrhunderten wieder Waldland, wenn auch in Reih und Glied.
Jagd
Bevor man sich Haustiere hielt, war das Jagen wilder Tiere der entscheidende Nahrungserwerb. Mit aufkommendem Ackerbau musste man sich vor den hungrigen Mäulern der Wildtiere schützen – wenig Wild war dem Bauern am liebsten. Jagd wurde zunehmend zum Luxus der Herrschaften. Das Gebiet um Serrahn war von 1833 bis 1918 Hofjagdgebiet des Großherzogs von Mecklenburg-Strelitz, das er 1848 einzäunte, um nicht in Konflikt mit den umliegenden Bauern zu kommen. Weite Gebiete am Ostufer der Müritz kaufte in den 1920er Jahren der Leipziger Geschäftsmann Kurt Herrmann zum Zwecke der Jagd. Er baute sich einen noblen Jagdsitz in Speck, zäunte ca. 7.000 ha ein und setzte exotische Wildarten in diesem »Jagdpark« aus. Mit seinen ausgezeichneten Beziehungen zur Hitler-Regierung verschaffte er sich sogar Jagdrechte im damaligen Naturschutzgebiet Müritzhof.
Waldbrand und Schießplatz
Im Sommer 1934 klopfte ein Schäfer bei Klockow seine Pfeife aus und es tobte ein riesiger Waldbrand. Die trockenen Kiefernwälder gingen in Flammen auf und eine Feuerwalze bedrohte Dörfer und Menschen. Schließlich kam sie vor der moorigen Havelniederung zum Stehen. Der Reichsarbeitsdienst beräumte die Flächen und begann mit neuen Aufforstungen. Der 2. Weltkrieg stoppte diese Arbeit und nach dem Krieg übernahm die Sowjetische Armee die waldfreien Flächen als Schießplatz.
Naturschutzgebiete
1931 wurde auf 300 ha das Naturschutzgebiet „Müritzhof“ eingerichtet. 1949 wurde es zum 5.000 ha großen Naturschutzgebiet „Ostufer der Müritz“ erweitert. 1954 gründeten Karl Bartels und Kurt Kretschmann im Müritzhof die Zentrale Lehrstätte für Naturschutz. 1971 entstand das Naturschutzgebiet „Serrahn“.
Staatsjagd
Die DDR-Regierung richtete ab 1969 sogenannte »Staatsjagdgebiete« ein. Das erste war das am Ostufer der Müritz und schloß das größte Naturschutzgebiet der DDR ein. Es wurde persönliches Jagdgebiet des Ministerpräsidenten der DDR, Willi Stoph. 1986 wurde noch ein Staatsjagdgebiet um Serrahn eingerichtet.
Politische Wende
1989 demonstrierten Warener Bürger für die Abschaffung der Staatsjagd und die Einrichtung eines Nationalparks. Die Idee zu einem Nationalpark an der Müritz stammte schon aus den 1950er Jahren. Sie wurde nach kurzer Vorbereitungszeit während der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten im Oktober 1990 Wirklichkeit.
Gründung des Müritz-Nationalparks
Am 12. September 1990 beschloss nach einem unbeschreiblichen Wettlauf gegen die Zeit der Ministerrat der DDR auf seiner letzten Sitzung die Gründung von 5 Nationalparks, 6 Biosphärenreservaten und 3 Naturparks. Am 1. Oktober 1990 traten diese Verordnungen in Kraft. Dieser Tag gilt als Gründungsdatum für den Müritz-Nationalpark.